Zecken
Wenn ein "Holzbock" Blut saugt
Wenn die Tage wieder wärmer werden, dann erwacht auch die Natur. Die Pflanzen fangen an zu blühen, die Blätter sprießen hervor, und die Tiere finden wieder vermehrt Nahrung und werden aktiv. Das gilt auch für einige kleine Zeitgenossen, die es besonders schätzen, wenn wieder etwas Leben in den Wald kommt, denn sie sind auf der Suche nach frischem Blut.
Die Rede ist von Zecken.
Diese Parasiten sind den meisten Hundehaltern bekannt, denn nicht selten endet ein Waldspaziergang damit, dass man einige Zeit in das Absuchen des Fells nach diesen kleinen Übeltätern investieren muss und es einige Fingerfertigkeit erfordert, diese zu entfernen. Gerade weil Zecken so stark verbreitet sind, existieren auch viele Meinungen und Geschichten über diese Parasiten.
Was sind Zecken?
Zecken gehören nicht zu den Insekten, wie dies manchmal fälschlicherweise behauptet wird, sondern zu den so genannten „Spinnentieren“. Wir unterscheiden dabei zwei große Familien, die „Lederzecken“, welche vor allem in den Tropen verbreitet sind und bei uns eher selten gefunden werden, und die „Schildzecken“. Letztere haben ihren Namen wegen der typischen, schildartigen Verhärtung auf dem Rücken erhalten. Zu den Schildzecken gehört auch die am meisten verbreitete Art Ixodes ricinus, besser bekannt als „Holzbock“.
Abbildung 1: Ein "hungriges" Holzbock-Weibchen. Deutlich erkennbar ist der dunkelbraune Schild, welcher knapp die Hälfte des Zeckenrückens abdeckt. Bei Männchen deckt der Schild den ganzen Rücken ab.
Die Entwicklung einer Zecke
Ein Zeckenweibchen legt am Boden Hunderte bis Tausende von Eiern ab, in welchen sich innerhalb weniger Wochen Larven entwickeln. Die Larven sind kaum einen Millimeter groß und haben, im Gegensatz zu den späteren Entwicklungsstadien nur 6, anstelle von 8 Beinen. Ansonsten sehen sie aber bereits aus wie eine Zecke, nur eben ein bisschen kleiner. Für ihre Weiterentwicklung benötigt die Larve Nahrung in Form von Blut.
Deshalb klettert sie auf Grashalme oder sonstige, bodennahe Pflanzen, und wartet, bis ein potentielles Opfer vorbeistreift. In diesem Moment lässt sie sich fallen und versucht sich am Wirtstier festzuhalten. Oft gelingt es der Larve, sich an kleinere Säugetiere, wie z.B. Mäuse zu heften und Blut zu saugen.
Dies dauert einige Tage, und in dieser Zeit nimmt sie ein Vielfaches ihres Körpergewichts an Blut in sich auf. Danach lässt sie sich zu Boden fallen und häutet sich zum nächsten Entwicklungsstadium, der Nymphe. Auch diese wird versuchen Blut zu saugen. Hier sind es nun größere Tiere wie Hasen, vielleicht sogar Füchse, Rehe oder eben auch Hunde die ihr zum Opfer fallen können. Der Saugakt dauert ebenfalls mehrere Tage; dann lässt sich die vollgesogene Nymphe zu Boden fallen und schon bald wird sich daraus ein erwachsenes Männchen oder Weibchen entwickeln.
Auch diese benötigen Blut, denn nun geht es darum, genügend Energie und Nährstoffe für die Produktion von Eiern aufzunehmen. Als Wirte kommen praktisch alle Säugetiere in Frage, wobei auch der Mensch nicht verschmäht wird. Beobachtet man eine Zecke, wie sie sich auf einem Wirt voll saugt, so kann man manchmal noch ein weiteres, kleineres Exemplar sehen, welches auf ihr herumkrabbelt. Es handelt sich dabei nicht um einen Schmarotzer, welcher seinen Kollegen anzapft, sondern um das Männchen bei der Begattung des saugenden Weibchens.
Später wird sich das vollgesogene Weibchen auf den Boden fallen lassen und schon bald mit der Eiproduktion beginnen. Ist dies vollbracht, ist auch der Lebenszweck der Zecke erfüllt, und sie stirbt. Die Zeit vom Schlüpfen der Larve bis zur Eiablage durch das erwachsene Weibchen kann 2, manchmal aber bis zu 4 Jahre in Anspruch nehmen, denn oftmals ist es Zufall, wenn ein mögliches Opfer genau dort vorbeiläuft, wo die Zecke wartet.
Abbildung 2: Ein vollgesogenes Holzbock-Weibchen bei der Eiablage. Die Eier werden meist in größeren Paketen ausgeschieden. Aus ihnen werden in wenigen Wochen Larven schlüpfen
Die Zeckensaison gilt nicht für alle
Die Zecken sind in der Regel nicht während des ganzen Jahres aktiv, sondern vorwiegend während milden Frühlings- und Herbsttagen. Am wohlsten fühlen sie sich bei Temperaturen um 17°C-20°C. Aus diesem Grund wird man Zecken auch kaum in höheren Lagen (über ca. 1’000 m ü.M.) finden. Diese Beobachtungen gelten aber nicht für alle Zecken.
Neben dem Holzbock haben sich in den letzten Jahren vermehrt auch andere Zeckenarten etabliert. Dazu gehören die Schafzecke Dermacentor marginatus und die Braune Hundezecke Rhipicephalus sanguineus. Letztere hat die unangenehme Eigenschaft, dass sie sich nicht nur im Wald oder dichtem Gestrüpp aufhält, sondern sich auch in Wohnungen und Häusern vermehren kann. Schleppt also der Hund eine solche Zecke ins Haus, ist es möglich, dass das vollgesogene Weibchen in einer ruhigen dunklen Ecke ihre Eier ablegt, und einige Wochen später Hunderte, ja Tausende von Larven anfangen herumzukrabbeln.
Kein angenehmer Gedanke! So ist es möglich, dass ein Tier außerhalb der klassischen Zeckensaison auch im Winter oder Hochsommer von diesen Plaggeistern befallen ist. Die meisten Zeckenarten bevorzugen jedoch Waldregionen mit dichtem Unterholz als Lebensraum. Auch Parkanlagen sind oft von Zecken bevölkert und sogar der heimische Garten kann durchaus als Zeckenbiotop dienen. Es genügt dazu ein einzelnes Zeckenweibchen, das von einem Spaziergang nach Hause geschleppt wird und im Garten die Eier ablegt.
Abbildung 3: Die Braune Hundezecke kann sich auch innerhalb von Gebäuden vermehren.
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung klettern Zecken nicht auf Bäume, um sich dann auf ihre Opfer zu stürzen. Sie begnügen sich mit kleineren Pflanzen und befinden sich nicht höher als 1 m über dem Boden. Ein sich näherndes Opfer wird aufgrund seiner Ausdünstungen registriert und wenn es an der Zecke vorbeistreift, dann greift diese zu. Auf dem Wirt sucht sie in der Folge eine geeignete Stelle um Blut zu saugen. Es ist gut möglich, dass die Zecke noch einige Zeit auf ihrem Opfer herumwandert, bevor sie zusticht.
Zecken als Krankheitsüberträger
Der Stich einer Zecke ist praktisch schmerzlos und wird daher in den seltensten Fällen wahrgenommen. Problematisch ist, dass Zecken mit ihrem Stich bzw. während des Blutsaugens auch Krankheitserreger übertragen können.
Vielen Lesern dürften Begriffe wie Borreliose (Lyme Borreliose), Frühsommer- Meningoenzephalitis (also durch Zecken übertragene Hirnhautentzündung) oder Ehrlichiose nicht ganz fremd sein. Alle diese Krankheiten werden durch den heimischen Holzbock übertragen und können für den Menschen gefährlich sein. Es soll hier jedoch nicht weiter auf diese Erkrankungen eingegangen werden, auch wenn Borreliose- und Ehrlichiose-Fälle beim Hund beschrieben wurden.
Eine Krankheit, die bei den Hunden zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Babesiose. Bei den Babesien (für Hunde ist hauptsächlich Babesia canis von Bedeutung) handelt es sich um kleine einzellige Parasiten, welche von Zecken während ihrer Blutmahlzeit in die Wunde übertragen werden.
Diese Einzeller dringen anschließend in rote Blutzellen ein und vermehren sich dort. Dabei gehen Blutzellen zugrunde, und es entstehen Entzündungs- und Abwehrreaktionen, welche für den Hund unangenehme Folgen haben können.
Befallene Tiere zeigen meist unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber, Blutarmut und Schwächezustände. Manchmal treten die Krankheitsbilder erst Jahre nach der Ansteckung auf, manchmal überhaupt nie.
Wie man Zecken entfernt und wie man ihnen vorbeugen kann
Die bei uns vorkommenden Schildzecken stecken zum Blutsaugen praktisch ihren ganzen Kopf (eigentlich besteht dieser nur aus Mundwerkzeugen) in die Haut ihres Opfers. Dazu ritzen sie mit scherenartigen, beweglichen Mundfortsätzen eine Wunde in die Haut ihres Opfers und stoßen einen tannzapfenähnlichen, mit Widerhaken versehenen Dorn, das so genannte Hypostom, hinein.
Um sich besser in der Wunde festhalten zu können, produzieren die Zecken eine Art „Zement“, mit welchem das Hypostom zusätzlich verankert wird. Die ganze Anordnung ist darauf ausgelegt, dass sie mehrere Tage in der Wunde stecken bleibt.
Früher wurde empfohlen, die Zecken mit Öl, Alkohol, Äther oder sonstigen Lösungen zu beträufeln, damit sie „loslassen“. Aus obigen Ausführungen sollte nun aber klar sein, dass sie gar nicht loslassen können; sie sind gewissermaßen einzementiert. Das einzige, was man mit solchen Mitteln erreicht, ist, dass die Zecken erbrechen und ihren gesamten Magen- und Speicheldrüseninhalt in die Wunde ergießen.
Somit werden auch mögliche Bakterien, Viren oder auch Babesien übertragen, und das ist genau das, was man eigentlich vermeiden möchte. Deshalb sollte auf solche Methoden verzichtet werden.
Am besten wird die Zecke so hautnah wie möglich mit einer Pinzette oder einer speziellen Zeckenzange erfasst, leicht hin und her gedreht um die Verankerung zu lockern (nicht „schrauben“, denn es ist kein Gewinde vorhanden) und dann senkrecht herausgezogen. Ist dabei der Kopf stecken geblieben, kann es manchmal zu einer kleinen Entzündungsreaktion kommen. Wurde der restliche Zeckenkörper aber entfernt, besteht kaum Gefahr, dass Erreger von Zeckenkrankheiten noch übertragen werden können.
Generell gilt, dass eine Zecke so früh wie möglich entfernt werden soll, denn die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von Erregern ist kurz nach dem Stich noch gering und nimmt erst mit der Dauer der Blutaufnahme zu.
Abbildung 4: Die Mundwerkzeuge einer Zecke. Das mit Widerhaken versehene Hypostom (siehe Pfeil) ist für die Verankerung in der Wunde verantwortlich.
Noch besser ist es natürlich, die Zecken soweit abzuschrecken, dass es gar nicht zum Stich kommt. Dazu gibt es klassischerweise Zeckenhalsbänder oder Sprüh- und Badelösungen, welche während einer gewissen Zeit Schutz vor Zecken gewähren.
Es ist darauf zu achten, dass bei diesen Produkten auch tatsächlich Zecken erwähnt werden, da einige Mittel hauptsächlich gegen Insekten, nicht aber gegen Spinnentiere wirken. So sind z.B. diverse Flohhalsbänder im Zoofachhandel erhältlich, welche nur ungenügend vor Zecken schützen. Zudem nimmt die Wirkungsdauer der Produkte bei feuchter Witterung ab.
Neuere Produkte können auch im „Spot on“ – Verfahren aufgetropft werden. Sie haben auch den Vorteil, weniger witterungsanfällig zu sein. Trotzdem empfiehlt es sich, den Hund im Anschluss an einen Spaziergang im Wald mit ausgiebiger Erkundung des Unterholzes nach Zecken abzusuchen.
Weitergehende Maßnahmen müssen ergriffen werden, wenn sich die Braune Hundezecke in der Wohnung breit gemacht hat. Dann ist es unumgänglich, die Verstecke ausfindig zu machen und die Zecken nicht nur auf Tier und Mensch sondern auch im Haus zu bekämpfen. Nötigenfalls muss ein professionelles Reinigungsinstitut beigezogen werden.
Der Aufenthalt in der Natur gehört sicherlich zu den schönsten Erlebnissen sowohl für den Hund als auch für sein Frauchen und Herrchen. Diese Freude muss auch durch die Zecken nicht getrübt werden: Durch das Wissen über die richtigen vorbeugenden Maßnahmen und das korrekte Handeln, wenn es doch zum Stich kommt, verlieren diese Plaggeister etwas von ihrem Schrecken. Vielleicht hat dieser Artikel ein wenig dazu beigetragen.
Dieser Artikel ist erschienen im Hundemagazin 3/2002
Autor:
Dr. Heinz Sager
Institut für Parasitologie, Universität Bern